FBM2025

Frankfurter Buchmesse 2025: Fünf Tage Bücherrausch zwischen Deal-Talk, Debatten und „Meet the Author“

Mittwoch rein, Sonntag raus – fünf Tage Frankfurt im Bücherrausch. Vom 15. bis 19. Oktober war das Messegelände wieder der Nabel der Publishing-Welt. Dieses Jahr mit einem frischen Twist: mehr Programm fürs breite Publikum, sichtbarere Schnittstellen zu Film/Audio – und ein Ehrengast, der die Fantasie gleich im Motto verankert hat. Kurz: #fbm25 hat geliefert.

Ehrengast Philippinen: „Fantasie beseelt die Luft“

Die Philippinen haben ihren großen Auftritt genutzt – mit Literatur zwischen Archipel-Poesie und Gegenwartspolitik. Das Motto „Fantasie beseelt die Luft“ („The imagination peoples the air“) stammt aus José Rizals „Noli Me Tangere“ und war überall präsent, vom Pavillon bis in die Gespräche auf den Bühnen. Dazu reichlich Programm in Stadt und Hallen – vom „Jeepney“-Motiv bis zu Lesungen und Diskussionsrunden.

Debattenmodus: Freiheit des Wortes, Krieg & KI

Politik war kein Nebenfach. Maria Ressa (Friedensnobelpreis 2021) diskutierte mit Ex-NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg über Sicherheitspolitik und Meinungsfreiheit. Das passte zum kuratierten Debatten-Block „Frankfurt Calling“/„Center Stage“, wo Buchbranche, Zivilgesellschaft und Politik zusammenkamen – von Buchhandel im Kriegsgebiet bis zu Zensur- und Banned-Books-Debatten. Frankfurt zeigte sich als Forum, nicht nur als Marktplatz.

„Meet the Author“: Signier-Marathon in der Festhalle

Neu und sofort Publikumsmagnet: Die Festhalle als „Meet the Author“-Areal – 5.600 Quadratmeter, 84 Autor:innen, 91 Signierstunden, erwartete 20.000 Fans. Die langen Reihen, das kluge Slot-Management und der frühe Publikumszugang (diesmal schon ab Freitag voll offen – mit Buchverkauf) haben das Fan-Erlebnis spürbar aufgewertet. So sieht Leser:innen-Nähe im Jahr 2025 aus.

Business-Lage: Zuversichtlich – trotz Gegenwind

Hinter den Kulissen: guter Puls. Internationale Fachpresse sprach von produktiven, „buzzigen“ Tagen – bei aller Markt-Realität (Kosten, Konsumlaunen, Aufmerksamkeit). Die Messe bleibt die Lizenz-Drehscheibe, an der man in kurzer Zeit sehr viele echte Gespräche führt. Genau dieses „Face-to-Face“ war spürbar zurück.

Rechte, Lizenzen, Deals: Von Kuang bis Markovits

Im Rights-Geschäft gabs sichtbare Schlaglichter: HarperCollins hat einen neuen Vier-Bücher-Deal mit R. F. Kuang fixiert; Faber sicherte sich Ben Markovits’ neuen Roman „Starting Out“. Beides sind Signale: Die Suche nach IP mit Strahlkraft läuft heiß, quer über Genregrenzen. Begünstigt wird das vom voll ausgebuchten Agentenzentrum – 321 Agenturen aus 32 Ländern.

LitAg voll, Hallen voll – und ein Publikum, das Lust macht

Zahlen sind nicht alles, aber sie erzählen eine Richtung. Laut Halbzeitbilanz peilte die Messe 118.500 Fachbesucher:innen an; 4.350 Aussteller präsentierten Programm und Produkt. Medien berichten zum Abschluss von 118.000 Fach- und 120.000 Privatbesucher:innen – also ein Plus vs. 2024. Kurz: Frankfurt war voll, und zwar mit Kauf- und Gesprächslaune.

Von Buch zu Bildschirm: „Book-to-Screen Day“ & Co.

Der Schulterschluss Richtung Film/Serie wurde 2025 noch sichtbarer. Mit dem „Book-to-Screen Day“ markierte die Messe, wie stark der IP-Transfer in Bewegtbild und Games inzwischen ist – Panels, Pitches, Meet-ups. Das zahlt auf den Trend ein, Stoffe breiter zu denken und im Paket aus Leserschaft, Community und Adaption zu entwickeln.

New Adult & Co.: Die jungen Leser:innen sind da

Wer durch Halle 1.2 und über die großen Fan-Flächen lief, merkte: New Adult, Romantasy & TikTok-getriebene Besteller liefern. Die Messe hat das adressiert – mit Bühne, Signierflächen und stärkerem Fokus auf Community-Formate. Frankfurt inszeniert bewusst diese Energie, die die Kassen klingeln lässt und neue Leser:innen bindet.

Preise: Buchpreis & Friedenspreis setzten Töne

Zum Auftakt holte Dorothee Elmiger den Deutschen Buchpreis 2025 („Die Holländerinnen“, Hanser) – ein Preis, der verlässlich große Aufmerksamkeit bündelt. Zum Abschluss erhielt der Historiker Karl Schlögel in der Paulskirche den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels; seine klare Haltung zu Russland und zur Ukraine prägte den Tag. Dazwischen: der Deutsche Jugendliteraturpreis (u. a. Sonderpreis Illustration für Antje Damm).

City-Vibes: Jeepneys, Open Books & kurzer Weg zur Nacht

Frankfurt kann Messe – und Frankfurt kann Stadtfestival. Neben der Agora-Bühnenluft liefen in der City Lesungen, Ausstellungen und Aktionen. Die Kooperation der Messe mit der Stadt (Stichwort „Jeepney Journey“) tauchte das Umfeld sichtbar ins Gastlandthema. Wer vom Gelände fiel, landete schnell im nächsten Programmpunkt – oder im Lieblingsbäcker. Messegefühl at its best.

Mein persönlicher Rundgang: Drei Beobachtungen

1) „Nähe verkauft“
Das Festhallen-Setup hat die Distanz zwischen Autor:innen und Fans verkürzt. Selfies, Signaturen, kurze Gespräche – das ist das Social Fuel, das Bücher noch länger trägt. (Und ja: Schlange stehen gehört dazu. Frankfurt hat’s ordentlicher organisiert als je zuvor.)

2) „Debatte schlägt PR“
Die stärksten Momente waren nicht die Hochglanz-Inszenierungen, sondern die Gespräche, in denen es krachte: Zensur, Krieg, Demokratie, digitale Macht. Wenn Publishing relevant bleibt, dann hier.

3) „Deals leben von Tempo“
Auffällig viele Rechte-Meldungen gingen schnell raus – sichtbar geölt durch volle Agententische und klare To-do-Listen der Scouts. Frankfurt bleibt die Woche, in der FOMO real ist.

Service-Ecke: Hard Facts für den Kalender

Die 77. Frankfurter Buchmesse lief vom 15.–19. Oktober 2025. Wer plant: Mit früherem Publikumszugang (inkl. Kaufmöglichkeit) ab Freitag und starken Fan-Formaten lohnt sich das Wochenendticket noch mehr. Und für Profis bleibt der Mittwoch/Donnerstag die Zeit für konzentrierten Deal-Talk – unterstützt von einem ausverkauften LitAg.

Was bleibt hängen?

Ein Gastland, das poetisch auftrat und politisch dachte. Eine Branche, die – bei allen Gegenwinden – ihren Optimismus nicht verloren hat. Viel Nähe zum Publikum. Und ein Frankfurt, das immer mehr ist als Bücher auf Tischen: Es ist Begegnung, Reibung, Kuratierung und der schnellste Weg vom Manuskript zur Welt. Genau deswegen fährt man hin.

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